Des Schamanen Wahnsinn

Donnerstag, Januar 04, 2024

Jenifer Becker - Zeiten der Langeweile (Rezension)

Hallo liebe noch übrig gebliebene Blogleser im Jahr 2024! Aus dem Winterschlaf wird der Blog dann mal mit einer Rezension zu einem Buch geweckt, welches das letzte war, dass ich 2023 zu Ende gelesen habe.

Der vorliegende Roman "Zeiten der Langeweile" von Jenifer Becker lässt mich etwas zwiegespalten zurück.

Die Geschichte von Mila, die sich komplett aus dem Internet zurückzieht, fand ich zwar zu Beginn interessant, leider entfernte ich mich so ab Mitte des Romans immer mehr von der Protagonistin, deren Lebenswelt mir absolut fremd blieb.

Konnte ich ihre Beweggründe am Anfang noch nachvollziehen, so wurde das Verhalten Milas immer abstruser. Nach und nach driftete sie so weit ab, dass es mir immer schwerer fiel, mit ihr mitzufühlen. Leider gelang es der Autorin nicht, mich auf diese Reise komplett mitzunehmen.

Ob es daran lag, dass ich selbst eher wenig Sorgen habe, wenn ich mich im Internet bewege oder möglicherweise daran, dass mir die Lebenswelt der Studentin Mila komplett unbekannt ist, kann ich nicht sagen. Dazu kommt, dass an es vielen Stellen im Roman um Probleme geht, die fast nur Frauen betreffen. Hier konnte ich mich nicht immer in die Gedanken der Autorin bzw. ihrer Figur hineinversetzen.

Sprachlich ist an dem Roman nichts auszusetzen, auch wenn die Sprache teilweise schon fast abgehoben bis gedrechselt klingt, so dass ich manche Sätze mehrfach lesen und einzelne Begriffe sogar nachschlagen musste. Das unterbricht den Lesefluss natürlich zusätzlich.

Insgesamt ein lesbarer Roman, den ich aber nur bedingt empfehlen kann. Das Thema muss den Leser schon sehr stark ansprechen, wenn man bis zum Schluss dabei bleiben möchte.

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Mittwoch, November 29, 2023

Die Deinoiden verschwinden

Es ist schon einige Jahre her, dass ich eine Nachricht von Peter Hopf erhielt. Er plante gerade eine neue Serie, ob ich Lust hätte, im Autorenteam zu sein. Kurz darauf telefonierten wir und schließlich war ich mit bei der ersten legendären Autorenkonferenz, auf der das Projekt Deinoid aus der Taufe gehoben wurde. Die Grundidee stand schon, an den zwei Tagen haben wir im Kollegenkreis dann noch weiter dran geschraubt. Meiner Meinung nach ist dabei etwas cooles herausgekommen.
Schlussendlich schrieb ich zwei Romane für die Reihe Deinoid XT, die parallel zur Serie Deinoid lief und deren Geschichten im Kosmos der Mutterserie angesiedelt waren.
Nach jeweils sechs Romanen war leider schon Schluss mit dem Projekt. Neben mir schrieben weitere tolle Kollegen daran mit, z.B. Lucy Guth aka Tanja oder auch Andreas Zwengel. Wer sich hinter dem Pseudonym Ben Ryker verbarg, werde ich auch heute nicht verraten, aber es war ein rennomierter Kollege aus dem Heftromanbereich.
Die Titelbilder lieferte der leider vor kurzem von uns gegangene Arndt Drechsler.
Ende des Jahres wird die Serie nicht mehr erhältlich sein. Vielleicht möchte sich ja jemand noch die Romane aus meiner Feder zulegen, bevor es nicht mehr möglich ist. Oder die der Kollegen. Oder die ganze Serie als Sammelband.

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Donnerstag, Oktober 05, 2023

Gelesen: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt - Jaroslav Kalfar

Selten ist es mir schwerer gefallen, ein Buch zu bewerten. Was vor allem daran liegt, dass "Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt" stets neue Erwartungen weckt und diese immer wieder mit überraschenden Wendungen unterläuft, ohne mich als Leser dabei aber zu enttäuschen.

Im Buch begleiten wir den ersten tschechischen Raumfahrer, Jakub Prochazka, auf seiner Mission ins All, hin zu einer interstellaren Wolke, die plötzlich im Universum auftaucht.

In Rückblicken lernen wir, wie Jakub zu dem wurde, der er heute ist. Und folgen dann seiner Entwicklung hin zu jemand, der er vielleicht nie werden wollte, aber immer schon irgendwie war.

Das klingt kompliziert, aber das ist das Buch in gewisser Art und Weise auch. Es ist Sci-Fi, es ist Lovestory, es ist Familiengeschichte und gleichzeitig ein zeithistorisches Dokument, denn es geht auch um den Umsturz im Jahr 1989 in den Ostblockstaaten.

Ziemlich viel Inhalt für knapp 360 Seiten, dabei wirkt der Roman nie überladen, auch wenn ich im zweiten Drittel das Gefühl hatte, jetzt dreht es doch etwas ab. Schlussendlich bekommt der Autor aber doch gut die Kurve und er schafft es, alle Zutaten zu etwas tollem zu vermischen.

Ob es ein Happy End ist oder nicht - diese Frage könnte ich nicht einmal beantworten. Vielleicht kann eine Geschichte wie diese auch gar keins haben. Auf jeden Fall gibt es - trotz der kleinen Kritikpunkte - die volle Punktzahl und eine absolute Leseempfehlung, alles andere wäre nicht gerechtfertigt. Diesen Autor sollte man sich merken und auf mehr hoffen.

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Mittwoch, August 23, 2023

Die Frau vor dem Kiosk, Klümschenbuden und gemischte Tüten - eine Beobachtung in Vergangenheit und Zukunft

Wenn man aus unserer Siedlung herausfährt, dann befindet sich nur ein paar Meter weiter an der Durchgangsstraße ein Kiosk. Jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit fahre, sitzt die Besitzerin bereits in einem Plastikstuhl vor der Tür. Und wenn ich Abends nach Hause komme, sitzt sie dort immer noch. Meistens trägt sie Kopfhörer und hört wahrscheinlich Musik, ab und zu raucht sie. Hin und wieder, meist Abends, stehen auch ein paar Männer, vermutlich Kunden, in ihrer Nähe, dann unterhalten sie sich.

Eine der Schaufensterscheiben ist schon vor Wochen zu Bruch gegangen, sie ist durch eine große Holzplatte ersetzt. Fast wirkt es so, als würde es nicht repariert werden. Vielleicht wirft der Kiosk dafür nicht genug ab, vielleicht findet sich aber auch kein Glaser aktuell, ich weiß es nicht.

Ich weiß allerdings, dass ich mir irgendwann, wenn die Frau dort nicht mehr sitzt, wenn ich zur Arbeit fahre, mich fragen werde, wo sie hin ist. Vermutlich wird das der Fall sein, wenn der Laden schließt. An dieser Stelle gab es schon mehrere Versuche, einen Kiosk zu betreiben, auch eine Art Nagelstudio oder sowas in der Art war dort mal kurz.

Hier in der Gegend heißen die Kioske auch "Klümschenbude". Nicht mit Sch, sondern mit S und das ch wird zum K, das ist wichtig. Denn dort holt man sich nämlich "Bömmskes". 

Als Kind war es normal, wenn man fünfzig Pfennig oder eine Mark bekommen hatte, sich dort eine gemischte Tüte zu kaufen. Die Bonbons waren in durchnummerierten Behältern, so dass man dem Verkäufer sagen konnte "Zwei von der Fünf, zwei von der Sieben, einmal die Achtzehn." Zwischendurch stellte man immer die Frage "Wieviel hab ich noch?" Danach musste man sich entscheiden, was man noch unbedingt haben wollte.

Früher waren es fünf oder zehn Pfennig, heute sind es fünf oder meist zehn Cent für ein Bonbon, eine Colaflasche oder bunte Schnüre. In einem Supermarkt kriegt man mehr für weniger Geld, aber es ist nicht dasselbe. Noch heute halten wir ab und zu an einem Kiosk und holen uns so eine Tüte, die wir dann im Auto bereits plündern. Und ich freue mich sehr, dass mein Nachwuchs diese (vermeintliche) Pott-Tradition noch erlebt.

Vielleicht ja auch mal bei der Frau vom Kiosk direkt um die Ecke, da waren wir nämlich noch nie, seit sie den Laden hat. Der Vorbesitzer hatte nämlich kein Eis und das ist das zweitwichtigste für so einen Laden. Vielleicht hat sie ja Eis. Wir sollten sie mal besuchen.

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Montag, August 14, 2023

Schatten der VErgangenheit - Professor Zamorra 1286

 In knapp vier Wochen ist es so weit, dann erscheint ein neuer Professor Zamorra-Roman aus meiner Feder. Band 1286 trägt den Titel "Schatten der Vergangenheit" und setzt meinen letzten Beitrag (Band 1242 "Gefangen im Zeitverlies" fort. 



Hier könnt ihr den Vorschautext schon mal lesen. :-)

Schatten der Vergangenheit - PZ 1286

Und ist das Cover nicht wieder schön-schaurig? :-)

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Mittwoch, April 05, 2023

Gelesen: David Blum - Kollektorgang

"Kollektorgang" ist ein ungewöhnliches Buch. Das fängt bei dem Titel an, unter dem ich mir nichts vorstellen konnte und der mich zuerst etwas ganz anderes erwarten ließ, geht über die Kürze von nur knapp 125 Seiten und endet mit der Anmerkung des Autors am Schluss, die etwas enthüllt, an das ich beim ganzen Lesen niemals gedacht hätte, aber hier möchte ich nicht spoilern.


Das Cover ist interessant und hätte mich mit seiner Farbgebung in einer Buchhandlung durchaus dazu bewegen können, es in die Hand zu nehmen. Der Klappentext hingegen verrät eigentlich schon zu viel, nämlich die komplette Handlung. Dennoch macht es Sinn, dass Buch zu lesen, denn der Autor David Blum beweist, dass es hunderte Seiten braucht, um eine gute Geschichte zu erzählen.


Mit seiner klaren, fast lakonischen Sprache gelingt es ihm, Bilder im Kopf des Leser entstehen zu lassen. Und das sind ziemlich düstere Bilder. Immerhin geht es auch um den Tod eines Teenagers. Doch sehr schnell merkt man als Leser, dass auch mit dem Tod nicht alles vorbei ist. Und noch schneller möchte man wissen, wie es zu dem Tod des Jungen Mario kam. Und so begleiten wir ihn auf seiner kurzen Lebensreise durch graue Hinterhöfe, angefüllt mit Personen, die man irgendwie kennt und denen man lieber nicht begegnet.


Die Geschichte ist stellenweise beklemmend, weil sie so realistisch ist. Aber auch in dieser Lage geht es um Freundschaft und auch um Liebe, so dass die Hoffnung einen immer wieder an der Hand nimmt - obwohl man das Ende kennt.


Das Ende ist dann auch der einzige kleine Wehmutspunkt, denn es kommt ziemlich schnell. Fast wirkt es so, als wollte der Autor es irgendwann nur noch zu Ende bringen, nachdem er seine Figuren erst so liebevoll entwickelt und deutlich gezeichnet hat. Dafür gibt es einen kleinen Abzug, aber vier Sterne sind absolut verdient.

Montag, Februar 20, 2023

Gelesen: Ariel Levy - Gegen alle Regeln

Diese Rezension zu schreiben fällt mir nicht so leicht, wie sonst. Das liegt vor allem daran, weil das Buch in eine Kategorie fällt, die ich sonst nicht unbedingt lese. Es ist die Geschichte einer Frau, von der ich vorher noch nie gehört hatte und deren Leben unter so komplett anderen Vorzeichen begann als meins, dass uns wohl kaum etwas verbinden würde.

Geboren 1974, aufgewachsen in einer jüdischen Familie in Amerika, trennen mich als Leser von der Autorin Geschlecht, Religion und Herkunft. Von daher war es für mich ein kleines Wagnis, mich auf das Buch einzulassen.

Kurzum: Ich habe es nicht bereut. Wenn man sich darauf einlässt, ist es ein sprachgewaltiges Buch, in dem die Autorin mit ihren Worten starke Bilder heraufbeschwört, die einen als Leser mit auf eine Reise durch Ariel Levys Leben nehmen. Und obwohl schon am Anfang verraten wird, was geschehen wird, fiebert und leidet man mit.

So begleiten wir Ariel Levy von Kindheitstagen an auf ihrem Weg hin zu einer gestandenen Journalistin, die spannende Reportagen schreibt. Erleben mit, wie auch ihr familiäres Glück an der Seite ihrer Frau perfekt wird und schließlich durch eine Schwangerschaft die Krönung erfährt.

Von diesem Punkt an muss man als Leser aber erleben, dass nichts so leicht zerbricht wie Glück und das man sich auch dann noch, wenn man denkt, es kann nicht schlimmer kommen, an den Scherben verletzen kann.

Dieses Buch sollte man in Ruhe lesen und auf sich wirken lassen, damit es sich voll entfalten kann. Manche Sätze habe ich mehrfach gelesen, weil sie mich so gepackt haben.

Fazit: 

Sicher ist dieses Buch nicht für jedermann und vermutlich auch eher etwas für Frauen, aber Levys Art zu schreiben weiß einen auch als Mann gefangen zu nehmen. Von daher eine klare Leseempfehlung. Einen Stern Abzug gebe ich für das Cover, welches mich im Buchladen nicht angesprochen hätte und auch, weil die letzten Kapitel alle sehr kurz geraten sind und es irgendwie wirkt, als hätte die Autorin das Buch einfach schnell beenden wollen. Da Ariel Levy noch lebt, gibt es natürlich auch kein richtiges Ende, so dass ich mich als Leser ein wenig allein gelassen fühlte, nach dem ich mich für Stunden an sie gefesselt hatte.

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