Wenn man aus unserer Siedlung herausfährt, dann befindet sich nur ein paar Meter weiter an der Durchgangsstraße ein Kiosk. Jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit fahre, sitzt die Besitzerin bereits in einem Plastikstuhl vor der Tür. Und wenn ich Abends nach Hause komme, sitzt sie dort immer noch. Meistens trägt sie Kopfhörer und hört wahrscheinlich Musik, ab und zu raucht sie. Hin und wieder, meist Abends, stehen auch ein paar Männer, vermutlich Kunden, in ihrer Nähe, dann unterhalten sie sich.
Eine der Schaufensterscheiben ist schon vor Wochen zu Bruch gegangen, sie ist durch eine große Holzplatte ersetzt. Fast wirkt es so, als würde es nicht repariert werden. Vielleicht wirft der Kiosk dafür nicht genug ab, vielleicht findet sich aber auch kein Glaser aktuell, ich weiß es nicht.
Ich weiß allerdings, dass ich mir irgendwann, wenn die Frau dort nicht mehr sitzt, wenn ich zur Arbeit fahre, mich fragen werde, wo sie hin ist. Vermutlich wird das der Fall sein, wenn der Laden schließt. An dieser Stelle gab es schon mehrere Versuche, einen Kiosk zu betreiben, auch eine Art Nagelstudio oder sowas in der Art war dort mal kurz.
Hier in der Gegend heißen die Kioske auch "Klümschenbude". Nicht mit Sch, sondern mit S und das ch wird zum K, das ist wichtig. Denn dort holt man sich nämlich "Bömmskes".
Als Kind war es normal, wenn man fünfzig Pfennig oder eine Mark bekommen hatte, sich dort eine gemischte Tüte zu kaufen. Die Bonbons waren in durchnummerierten Behältern, so dass man dem Verkäufer sagen konnte "Zwei von der Fünf, zwei von der Sieben, einmal die Achtzehn." Zwischendurch stellte man immer die Frage "Wieviel hab ich noch?" Danach musste man sich entscheiden, was man noch unbedingt haben wollte.
Früher waren es fünf oder zehn Pfennig, heute sind es fünf oder meist zehn Cent für ein Bonbon, eine Colaflasche oder bunte Schnüre. In einem Supermarkt kriegt man mehr für weniger Geld, aber es ist nicht dasselbe. Noch heute halten wir ab und zu an einem Kiosk und holen uns so eine Tüte, die wir dann im Auto bereits plündern. Und ich freue mich sehr, dass mein Nachwuchs diese (vermeintliche) Pott-Tradition noch erlebt.
Vielleicht ja auch mal bei der Frau vom Kiosk direkt um die Ecke, da waren wir nämlich noch nie, seit sie den Laden hat. Der Vorbesitzer hatte nämlich kein Eis und das ist das zweitwichtigste für so einen Laden. Vielleicht hat sie ja Eis. Wir sollten sie mal besuchen.
Labels: Bömmskes, Kiosk, Klümpchenbude, Klümschenbude, Ruhrpott.